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September 22, 2025

 

 

 

SELK

Über die Altenstädter SELK 

Die SELK (Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche) ist eine von zwei Kirchengemeinden in Altenstädt, die zusammen mit Balhorn eine Gemeinschaft bildet.
Die SELK hat eine eigene, umfangreiche Internet-Seite, auf die hier gerne verwiesen wird:

www.selk-balhorn.de

Dort finden Sie alle Informationen, aktuell und rund um die Gemeinde.


Geschichte der Selbstständig Evangelisch-Lutherischen Kirche in Altenstädt

Von Gerhard Löber, Dezember 2023, anlässlich des 100-jährigen Kirchweihjubiläums am 17.12.2023

Hier die Broschüre über die Geschichte der SELK in Altenstädt

 1. Einführung


Um zu verstehen, wie die Selbstständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) entstanden ist, kann man bis zur Reformation im Jahre 1517 zurückgehen. Gab es vorher nur die eine katholische Kirche, so entstanden mit der Reformation eine Vielzahl von evangelischen Strömungen. Die Hauptgruppen waren die Lutheraner als Anhänger von Martin Luther und die Reformierten als Anhänger von Huldreich Zwingli (Zürich) und Johannes Calvin (Genf). Deren Hauptunterschied
bestand in der Frage, ob im Abendmahl der Leib und Blut Christi tatsächlich oder symbolisch empfangen werden. Daneben gab es eine Vielzahl weitere Glaubensgemeinschaften wie Waldenser, Hussiten, Täufer, Baptisten, Pietisten und viele weitere. Die heutige uns bekannte Evangelische Kirche in Deutschland ist eine Gemeinschaft von 20 lutherischen, unierten und reformierten Kirchen, die 1949 gegründet wurde.

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Die Entstehung der renitenten Kirchengemeinde Altenstädt ist eng verknüpft mit dem Widerspruch von Pfarrern und Gemeinden gegen eine Kabinettsorder des Königs von Preußen,
Wilhelm I., vom 28. Juli 1873. Ziel der Kabinettsorder war es, die konfessionell verschiedenen Konsistorien, das sind staatliche Behörden, die das landesherrliche Kirchenregiment ausübten und die Kirche leiteten, zu einer gemeinsamen Verwaltung zusammenzufassen und eine einheitliche Liturgie einzuführen.
Gegen diesen staatlichen Eingriff formierte sich in vielen Orten Widerstand; die hessische Renitenz entstand. Die Mitglieder dieser Renitenz wurden Renitente oder auch Widerspenstige genannt. Aus dieser ursprünglich eher spöttisch gemeinten Bezeichnung machen die Renitenten dann aber ihren kirchlichen Namen.

2. Die Gemeinde der Renitenten in Altenstädt

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Die Filialgemeinde Altenstädt wurde seit 1853 von dem in Balhorn ansässigen Pfarrer Ludwig Saul jeden Sonntag kirchlich bedient. Weil sich auch Pfarrer Saul der Zusammenlegung zur Union und dem liturgischen Eingriff widersetzte, wurde er am 5. Februar 1874 seines Amtes enthoben und es wurde ihm verboten, öffentliche Gottesdienste zu halten, Taufen vorzunehmen und überhaupt kirchlich zu handeln.
Diejenigen Gemeindeglieder in Altenstädt, die mit Pfarrer Saul weiter zu ihrem lutherischen Glauben stehen wollten, trafen sich zunächst heimlich im Hause des Kastenmeisters Ludwig Klapp zu Gebet und Predigt, bis diese Versammlungen durch die kirchliche Verwaltung in Kassel mit Auflagen genehmigt wurde. Eine Auflage war, dass kein Gottesdienst gehalten werden durfte, während die Landeskirche Gottesdienst hielt. Wurde diese Auflage nicht erfüllt, drohten hohe Strafen.
Nachdem die Renitenten in Balhorn im Jahr 1874 einen eigenen Betsaal gebaut hatten, erhielt die renitente Gemeinde in Altenstädt in 1875 die Genehmigung, unter Auflagen eine eigene Kapelle zu bauen.
Noch im gleichen Jahr wurde auf dem Hof von Johannes Christoph Schnellenpfeil (Heinrich-Schröder-Straße) im hintersten Winkel des Hofes eine kleine Holzkapelle gebaut, die am 15. Juni 1875 eingeweiht wurde.
Die Auflagen für die Genehmigung bestanden darin:

1. Die Kapelle durfte von der Straße aus nicht gesehen werden.
2. Der Gottesdienst durfte nicht zur selben Zeit stattfinden wie in
der Unions-, sprich Landeskirche.

Nach dem Tod von Pfarrer Saul am 28. Juli 1877 wurde die renitente Gemeinde Altenstädt von dem neuen Pfarrer Christian Frick weitervon Balhorn aus bedient.
Dadurch, dass der renitente Pfarrer Christoph Heinrich Engelbrechtaus Westuffeln (kleines Dorf bei Grebenstein) 1886 nach Altenstädt gezogen war, wurde Altenstädt zu einem eigenen Pfarrsitz. Von Altenstädt aus bediente Pfarrer Engelbrecht auch die Predigtorte Besse und das Gertrudenstift in Großenritte. Daneben gründete er eine höhere Privatschule (Mittelschule) in Wolfhagen, wohin er täglich mit dem Pferdewagen fuhr. Damit hatte Pfarrer Engelbrecht auch ein eigenes, nicht von der Gemeinde abhängiges Einkommen. Pfarrer Engelbrecht erwarb in Altenstädt ein großes Grundstück und baute sichhier ein eigenes Haus.
Engelbrecht war ein sehr engagierter Pfarrer und wollte, da die kleine Holzkapelle baufällig geworden war, dass seine Gemeinde in Altenstädt ein richtiges Gotteshaus bekommt. Da sich die Grundstückssuche schwierig gestaltete, hat er, um voranzukommen und in Anbetracht der Tatsache, dass er bereits sehr krank war, der Gemeinde einen Bauplatz auf seinem eignen Grundstück zur Verfügung gestellt.
Dieser Wunsch wurde von seiner Witwe und seinen Kindern dannauch in die Tat umgesetzt, denn Pfarrer Engelbracht verstarb am 08.
April 1922, d.h. bevor die Planungen und Bauarbeiten begannen.
Nun konnte geplant und die Zeichnung bei dem Architekten Konrad Bott aus Mardorf (kleines Dorf bei Homberg) in Auftrag gegeben werden. Konrad Bott war auch ein Renitenter. Da er auch Bauunternehmer war, lag die ganze Leitung des Kirchneubaus in seinen Händen.

Im Jahr 1922 gleich nach der Ernte begann man im „Balhorner Spieß“ im Müllerschen Bruch die Steine mit Hammer, Meißel und Brecheisen zu brechen. Dann wurden die Steine mit Pferdefuhrwerken nach Altenstädt transportiert. Da der Winter 1922/23 ein recht milder Winter war, blieben die mit Steinen schwer beladenen Fuhrwerke auf dem Rasenweg, der von der befestigten Straße zur Baustelle führte, oft stecken. Die eisenbereiften Räder versanken bis zur Achse im Morast.
Nun musste mit Abfallsteinen ein Weg befestigt werden, wenn man überhaupt bis auf das Engelbrechtsche Grundstück kommen wollte.
Um mit dem schwer beladenen Wagen vorwärtszukommen, wurden 6 Pferde vor die Fuhrwerke gespannt.
Das Holz für das Dach spendete der Baron von der Malsburg. Die Bohlen für die Bänke wurden in Naumburg in der Sägemühle auf dem Weidelshof geschnitten, deren Besitzer ebenfalls ein Gemeindeglied war.

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Auch das Holz vom Gut von der Malsburg wurde per Pferdewagen geholt

Es war die Zeit der Inflation. Die Geldbündel mit den Millionen, Milliarden und zum Schluss Billionen wurden gar nicht mehr aufgemacht. Aber bekommen konnte man dafür kaum etwas. Was an einem Tag eine Milliarde kostet, konnte am nächsten Tag schon 10 Milliarden kosten. Da hatten unsere Väter einen besseren Gedanken. Sie sammelten Roggen bei den Gemeindegliedern und lagerten diesen bei der Witwe Schnellenpfeil. Und wenn etwas gekauft werden musste, wurde der Preis in Roggen ausgehandelt. Der Zentner Roggen wurde
damals mit 50.000 Mark angegeben.
Der Schiefer für das Dach wurde mit zwei Pferden und einem Pritschenwagen in Willingen geholt, das rund 60 Kilometer entfernt liegt. Mit so einem Wagen ist ein „Knatz“ und ein „Schnellenpfeil“ die lange Strecke gefahren, beide mit reichlich Proviant versehen, wozu  auch 2 große Laibe Brot gehörten. Für die Pferde gab es altes Brot. Die schwarzen Pferde sollen, als sie in Willingen ankamen, so verschwitzt ausgesehen haben, als wären sie ein paar Schimmel. Die Kanzel und die Kirchentür wurden in Bad Wildungen gebaut, gespendet von einer Frau Finger, geborene Knatz, die von Altenstädt „ausgewandert“ war.
Die Grundsteinlegung war am 25. April 1923. Die Maurer der Firma Bott aus Mardorf kamen die Strecke nach Altenstädt (ca. 40 Kilometer) mit dem Fahrrad. Da eine tägliche Heimfahrt nicht möglich war, wurden die Maurer bei Kost und Logis bei Gemeindegliedern untergebracht.
Auch damals waren nicht immer alle einer Meinung. Es ging darum, ob der Altar im Kirchenschiff stehen sollte oder in einem besonderen Altarraum. Die Mehrheit war wohl für den Altarraum. Es war für den Sockel alles ausgehoben, am nächsten Tag sollte mit dem Bau der Grundmauern begonnen werden. Aber am anderen Morgen war der Fundamentgraben wieder zugeschüttet. So musste das Fundament noch einmal geräumt werden und es wurde noch am gleichen Tag mit Steinen und Speis gefüllt.

Noch im gleichen Jahr, wurde die Kirche fertiggestellt und am 16. Dezember 1923 am 3. Advent feierlich eingeweiht.

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Jahreszahl über dem Eingang der Kirchentür

Eine Zeitzeuge, Missionsdirektor Pfarrer Friedrich Wilhelm Hopf aus Bleckmar, erinnert sich an die Einweihung später so: „Als einer, der vor 51 Jahren auch hier war und die Einweihung der Kirche zu Altenstädt miterlebt hat. Zuerst versammelten wir uns damals auf dem Schnellenpfeilschen Hof an der Stätte, wo jahrzehntelang die Gottesdienste gehalten worden waren und an der der selige Pfarrer Christoph Engelbrecht in seiner langen Amtszeit gewirkt hatte. Dort nahm man Abschied mit einer kurzen Andacht, die Pfarrer Langholf von Sand hielt, in der Dankbarkeit für allen Gottessegen, den die Gemeinde hier empfangen hatte. Dann zogen wir im festlichen Zug durchs Dorf vor die Tür der neuen Kirche, wo Maurermeister Konrad Bott aus Mardorf den Schlüssel an Pfarrer Siebert übergab. Etwas Besonderes war an diesem Tage, dass erstmalig alle unsere renitenten Pfarrer die volle Amtstracht trugen, den Chorrock. Denn seit dem polizeilichen Verbot in den Kampfesjahren der Renitenz hatten unsere Pfarrer auf diese Amtstracht verzichtet und im schlichten schwarzen Rock amtiert, mit der einzigen Ausnahme der Schlosskapelle zu Elmarshausen, wo der Pfarrer den Chorrock stets trug. Groß war die Freude der ganz Alten, die sich noch daran erinnerten, dass die Pfarrer vor der Verfolgungszeit 1873/74 auch im Chorrock amtiert hatten. Und dann erlebten wir, dass diese Kirche von Pfarrer Siebert als dem Vertreter der Superintendentenamtes geweiht. Ich erinnere mich noch daran, dass er in seiner Ansprache vorschlug, wenn die Kirche einen Namen bekommen sollte, dann sollte sie Auferstehungskirche heißen. Die Festpredigt hielt damals der Nachbar aus dem Waldecker Land, der Superintendent Heinrich Hübner aus Korbach. Er stand als Erster auf dieser schönen Kanzel oder vielmehr, er saß hier, denn seines Leidens wegen konnte er nur im Sitzen predigen, und zwar stets mit erhobenen Händen.“

3. Zeittafel Kirche und Gemeinde in Altenstädt

1875  Errichtung einer kleinen Holzkapelle auf dem Hof Schnellenpfeil (Heinrich-Schröder-Straße)
18.4.1923 Grundsteinlegung für den Kirchenbau. Das Grundstück wurde von Frau Pfarrer Engelbrecht und ihren Kindern zur Verfügung gestellt. In der Urkunde zur Grundsteinlegung werden 97 Mitglieder aus 20 Familien als Gemeindeglieder aufgeführt, davon wohnten 4 Familien in Naumburg.
16.12.1923  Einweihung der Kirche (3. Advent)

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1924 Gründung Posaunenchor
1964 Renovierung der Kirche (Ölofen, neuer Altar, Sitzbänke, Lesepult)
1969 Missionsfest im Kirchgarten
1972 Anschaffung eines zweimanualigen Harmoniums
1980 Renovierung des Kirchendachs
1987 Renovierung der Kirche
24.5.1987 Posaunenfest in Altenstädt
1988 Anschaffung einer neuen Orgel
1994 Vorplatz neu gerichtet
1996 Überlegungen zum Bau eines Gemeinderaums (wurde nicht realisiert)
2002 Chorfenster erhielt Doppelverglasung
2006 Generalüberholung der Orgel
2023 Renovierung der Kirche
17.12.2023 Feier des 100-jährigen Kirchweihjubiläums. Die Gemeinde (3. Advent) hat 34 Gemeindeglieder.

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4. Pfarrer der Gemeinde in Altenstädt

1873 – 1877 Pfarrer Ludwig Saul, Balhorn
1877 – 1886 Pfarrer Christian Frick, Balhorn
1886 – 1922 Pfarrer Christoph Engelbrecht, Altenstädt
1922 – 1930 Pfarrer Konrad Siebert, Balhorn / Pfarrer Langholf, Sand
1930 – 1941 Pfarrer Karl Wicke, Sand
1941 – 1946 Pfarrer Konrad Siebert, Balhorn
1946 – 1963 Pfarrer Karl Mädrich, Sand
1963 – 1985 Pfarrer Friedrich Rathje, Balhorn
1985 – 1992 Pfarrer Johannes Schröter, Balhorn
1992 – 1994 Vakanzvertretung durch Pfarrer Peter Brückmann, Sand
1994 – 2009 Pfarrer Manfred Holst
2009 – 2010 Pfarrer Johannes Rehr
2012 – 2021 Pfarrer Wilfried Keller
Seit 2022 Pfarrer Johannes Heicke

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Dieses Foto hat uns Frau Gerda Klei zur Verfügung gestellt. Zwar stammt es wahrscheinlich nicht aus dem Jahr 2023, es ist aber dennoch sehr interessant anzusehen.
Auf der Rückseite standen zum Glück auch die Namen der abgelichteten Personen.

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